Projekte und Relikte der Reichsautobahn zwischen Halle und Magdeburg

Die Geschichte des Gebäudekernbestandes der heutigen Fachhochschule der Polizei in Aschersleben, als Rest eines nicht vollendeten Kasernenbaus der Wehrmacht, beginnt Mitte der 1930er Jahre. Sie ist eng an die Aufstellung der 13. Infanteriedivision innerhalb des XIV. Armeekorps geknüpft. Für Aschersleben waren der Stab und die II. Abteilung des Artillerieregiments 49 sowie die Beobachtungsabteilung 13 vorgesehen. Da die für den Standort Aschersleben geplanten Einheiten erst relativ spät in den Jahren 1937/38 aufgestellt wurden, begann die Projektierungs- und Bauphase der geplanten Kaserne(n) vermutlich auch erst in diesem Zeitraum. Wie für die vorgesehen Einheiten, ist auch die tatsächliche Belegung der zu Teilen fertig gestellten Artilleriekaserne nur fragmentarisch belegt. Große Teile der heutigen Liegenschaftsfläche haben zudem eine interessante unterirdische Vorgeschichte, die auf der bergbaulichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der untertägigen Förderung von Kalisalzen der letzten beiden Jahrhunderte sowie dem weiter zurückreichenden Rogensteinabbau im Tage- und Tiefbau beruht.

Die Bauten aus der Zeit des Nationalsozialismus haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Anlass für Kontroversen um deren Erhalt, Nutzung, denkmalästhetische Inszenierung und Musealisierung geboten. Sie stellen jedoch ein wichtiges geschichtliches Zeugnis für die Architektur und Propagandakultur der nationalsozialistischen Diktatur dar und gelten daher oft als Kultur- bzw. Baudenkmal. Die Thingstätte auf den halleschen Brandbergen steht auf Halles Denkmalliste. Durch den Bau des Thingplatzes in Halle sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, die nationalsozialistische Kultur und das nationalsozialistische Gemeinschaftslebens an einer "historischen" Stätte zu repräsentieren. Der Thingplatz erfüllte in der nationalsozialistischen Propaganda somit zwei Funktionen: zum einen als Aufführungsstätte für die geplanten Thingspiele und zum anderen als zentraler Platz für Massenaufmärsche im Gau Halle-Merseburg. Im Februar 1934 wurde die Mitteldeutsche Spielgemeinschaft als Träger der zukünftigen Festspiele in Halle gegründet. Am 1. Mai 1934 wurde der Thingplatz, als erster im Deutschen Reich, mit einem Festthing seiner Bestimmung übergeben. Doch bereits im Jahre 1935 erfolgte die Auflösung aller Spielgemeinschaften im Deutschen Reich und Goebbels ließ sogar das Wort Thing verbieten. Ab 1936 wurden durch die "Freilichtbühne e.V. Halle" noch die Mitteldeutschen Festspiele durchgeführt. Der Thingplatz, der als solcher nicht mehr bezeichnet werden durfte, verfiel zusehends.Die eingezäunten Reste des bastionsartigen Bühnenbaus befinden sich südlich der Straßenbahn-Wendeschleife Halle-Kröllwitz und sind mittlerweile von Bäumen und Sträuchern verdeckt. Das einstige Spielfeld wird heute als Parkplatz genutzt. Anfang der 1950er Jahre wurde der südliche bzw. obere Teil der Zuschauerränge mit Institutsgebäuden der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg überbaut. Ende der 1970er Jahre kamen im mittleren Bereich zwei Studentenwohnheime der Universität hinzu. Fast komplett erhalten geblieben sind die festen Bauten des Thingplatzes. Auf dem Parkplatz stehend, sind diese noch gut zu erkennen. Die zugemauerte Kuppelhalle mit den Treppenaufgängen kann man von der Straßenbahnhaltestelle aus erreichen.

Trentzsch, Helko / Trilck, Karin / Paulik, Siegfried

"Aschersleben, Schmidtmannstraße 86. Ein historischer Abriss der Geschichte der Liegenschaft von der Artilleriekaserne bis zur Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt"

3., überarbeitete und fortgeführte Auflage
Aschersleben 2015
ISBN 978-3-939678-29-8