Projekte und Relikte der Reichsautobahn zwischen Halle und Magdeburg

Die untenstende Abbildung zeigt die für den mitteldeutschen Raum vorgeschlagenen Reichsautobahnen mit dem Stand von etwa 1938.

Südlich von Dessau sollte die Strecke 71 in Richtung Nordhausen bzw. perspektivisch nach Kassel bzw. Eisenach abzweigen. Bei Kirchedlau  wäre die von Halle kommende Strecke 23 auf die Strecke 71 gestoßen und auf mehreren Kilometern gemeinsam über die Saale geführt worden. Bei Ihlewitz hätte die Strecke 23 dann wieder die Bündelungsstrecke in Richtung Magdeburg verlassen. Weiter westlich in Richtung Gerbstedt sollte eine bereits seinerseits als "Nordharzautobahn" bezeichnete Strecke nach Braunschweig in nordwestliche Richtung abzweigen. Die Strecke 23 war somit nicht durchgehend geplant und sollte im Jahr 1939, vor allem nördlich des Schnittpunktes mit der Strecke 71, noch wesentliche Änderungen im Streckenverlauf erfahren

Quelle: Fünf Jahre Arbeit an den Strassen Adolf Hitlers. Generalinspektorfür das Deutsche Straßenwesen (Dr. Todt). Berlin, Volk und Reich Verlag. 1938

Realisierte Autobahnprojekte im Anschlussbereich der Strecke 23 bis 1945 

Strecke 72 / Halle - Leipzig (heute BAB 14)

Erste Planungen einer "Kraftfahrbahn" zwischen Halle und Leipzig werden bereits in den 1920er Jahren von einer privaten Gesellschaft betrieben. Mit dem Beginn des Reichsautobahnbaus wurden die Planungen übernommen und weitergeführt. Zwischen dem Dreieck Nossen westlich Dresden und dem Schkeuditzer Kreuz bei Leipzig war eine Verbindung als Strecke 72 vorgesehen. Die Arbeiten zwischen Halle Peißen und etwa der heutigen AS Leipzig-Ost begannen bereits im April 1934 und wurden bis Ende 1936 vollendet. Zwischen Leipzig-Ost und Grimma wurden noch Arbeiten durchgeführt und einige Bauwerke fertiggestellt bzw. begonnen. Erst Ende der 1960er Jahre bis 1971 wird in der DDR die Strecke zwischen Leipzig und Nossen realisiert.

Zeitgenössische Ansichtskarte

Strecken 3 und 4 / Hannover - Magdeburg - Berlin (heute BAB 2)

Die heutige BAB 2 gehört neben der BAB 3 aufgrund ihrer Bedeutung als Ost-West-Achse zu den am meisten frequentierten Autobahnen Deutschlands. Die hohe Anzahl der polnischen Verkehrsteilnehmer brachte der A 2 den Spitznamen „Warschauer Allee“ ein. 

Die Arbeiten gingen seinerzeit mit über 600 Beschäftigten der OBR Hannover und bis zu 1300 Arbeitern der Baufirmen zügig voran, so dass am 05.04.1936 die Verkehrsfreigabe von 32 km Strecke zwischen Lehrte und BS-West erfolgen konnte. Damit war die erste Autobahnteilstrecke in Norddeutschland in Betrieb. Am Vortage des Abschlusses der Olympischen Spiele 1936 in Berlin wurden am 17.08.1936 folgende Teilstrecken für den Verkehr freigegeben: von Hannover-Ost bis Lehrte 10 km, - von Braunschweig-Ost bis Helmstedt 43 km, von Werder (Berliner Ring) bis Schermen bei Burg 85 km. Mit der Verkehrsfreigabe des Abschnitts Helmstedt-Schermen bei Burg am 10. 01. 1937 war nach einer Bauzeit von knapp drei Jahren die Gesamtstrecke von Hannover bis zum Berliner Ring mit einer Länge von 225 km betriebsbereit. 230 Brücken waren gebaut, darunter die 1172 m lange Elbebrücke bei Hohenwarthe nördlich von Magdeburg.

Quelle: www.landkartenarchiv.de

Strecken 66 und 67 / Berlin - Halle/Leipzig - Hof (heute BAB 9)

Pläne für eine Autostraße zwischen Berlin und München wurden schon in den 1920er Jahren mit den ersten Bauprojekten für dem Kraftverkehr vorbehaltene Straßen erstellt. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden den Anfang der 1930er Jahre vom Verein HaFraBa ausgearbeiteten Planungen für ein zusammenhängendes Netz an "Nur-Autostraßen" dann in Angriff genommen. Die Reichsautobahn-Strecke Berlin - München konnte noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs fertiggestellt werden. Eine Besonderheit stellt der 14,6 km lange, weitgehend gerade Abschnitt zwischen den Dessau und Bitterfeld dar, der beim Bau als Rennstrecke konzipiert worden war. Hierfür wurde ein betonierter Mittelstreifen von 9 m Breite verwendet, wodurch günstige Bedingungen für Rennfahrten mit Rekordgeschwindigkeit herrschten. Alle Überführungen in diesem Bereich sind als Bogenbrücke aufgeführt, um Kollisionen mit Brückenpfeilern zu verhindern

Nach Kriegsende und der Entstehung der beiden deutschen Staaten diente die Autobahn als Transitstrecke zwischen Süddeutschland und West-Berlin über den Grenzübergang Rudolphstein/Hirschberg. Seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 nahm der Verkehr auf der Autobahn sehr stark zu, weshalb ein Ausbau der Strecke auf durchgehend sechs Fahrstreifen durchgeführt wurde. 

Die Elbebrücke Vockerode wurde von 1937 bis 1938 gebaut und sollte über einen 40 m hohen Aussichtsturm am nördlichen Widerlager aufweisen. Dieser wurde jedoch nicht mehr fertiggestellt und verblieb als Turmstumpf, weshalb er nie als Aussichtsturm für die Öffentlichkeit genutzt wurde.

Bei Schkeuditz entstand ein Autobahnkreuz mit der im April 1936 eröffneten Reichsautobahn Halle - Leipzig. Das Schkeuditzer Kreuz war zu diesem Zeitpunkt das erste Autobahnkreuz in Europa.

Verkehr auf der Reichsautobahn bei Dessau [https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesautobahn_9]
Februar 1939 - Rudolf Caracciola mit seinem Mercedes W 154 auf der Reichsautobahn bei Dessau [https://driveeurope.co.uk/2014/02/16/sunday-2/]

Weitere Planungen bis 1939

Der Ausschnitt der Deutschlandkarte, stellt alle fertiggestellten und befahrbaren Autobahnen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges bzw. nach der Annektierung von Tschechien dar. Gut sind dabei auch weiterhin viele in Bau befindliche und geplante Autobahnteilstücke zu erkennen.

Im Bereich des heutigen Sachsen-Anhalts sind die bereits fertiggestellten Reichsautobahnen abgebildet, die heute der A2 bzw. A9 entsprechen. Die Strecke 23 wird als "im Bau" bezeichnet. Die Strecke 71 sowie die weiteren Nebenstrecken sind im Planungsstadium steckengeblieben bzw. kriegsbedingt nicht zum Bau freigegeben worden.