Projekte und Relikte der Reichsautobahn zwischen Halle und Magdeburg

Das Ziel dieser Homepage bzw. einer geplanter Publikationen soll sein, dem geschichtsinteressierten Leser die relativ unbekannte, seinerzeit geplante und in Teilabschnitten in Bauangriff genommene Strecke 23 der Reichsautobahn vorzustellen. 

Das 6.900 km umfassende Grundnetz der geplanten Reichsautobahnen wurde erstmals im Mai 1934 der Offentlichkeit vorgestellt. In diesem Konzept war auch auch eine Querverbindung zwischen Hamburg und Dresden vorgesehen, die zwischen Nossen und Magdeburg im Wesentlichen dem heutigen Verlauf der BAB 14 entspricht, aber seinerzeit keine große Priorität besaß. Die Planung der Reichsautobahnen oblag dabei den Obersten Bauleitungen Reichsautobahnen (OBR). Die Zuständigkeitsgrenze der Strecke 23 verlief seinerzeit auf der Höhe von Staßfurt. Der Nordabschnitt unterstand der OBR Hannover (Anbindung Strecke 3), der Südabschnitt der OBR Halle. Im Raum Halle wurde ab 1934 mit Bauarbeiten begonnen - inkl. der Verlängerung als Strecke 72 bis zum Schkeuditzer Kreuz und in der Folge der Weiterführung bis vorerst Leipzig-Ost. Im Abschnitt zwischen Halle und Magdeburg liefen 1935 bereits die Vorplanungen, die Weiterführung nach Norden war in den Karten lediglich als Ergänzung eingezeichnet.***

Strecke 23 - geplanter finaler Gesamtverlauf

Schematische Übersicht der bislang, archivarisch nachvollziehbaren, finalen Verläufe der Strecken 23 (rot) und 71 (grün) sowie die jeweilige Anbindung an die bereits bestehenden Reichsautobahnstrecken. (Quelle: ergänzt nach Bundesarchiv)

Die nebenstehende Karte aus dem Bundesarchiv stellt den gegenwärtig nachweislich letzten Stand der Planungen aus dem Jahre 1939 dar. Bis dahin wurden mehrere Linienverläufe zwischen Halle und Magdeburg in Betracht gezogen und diskutiert. Letztendlich entschied man sich für einen direkten Verlauf und nicht wie anfangs vorgesehen, die Strecke 23 auf einem Teilstück gemeinsam mit der Strecke 71 über die Saale zu führen. Bei Ihlewitz sollte dann die Strecke 23 wieder nach Norden abzweigen (in der Abb. grau zu erkennen). Diese ursprüngliche Variante wurde jedoch aus verschiedenen Gründen verworfen. An der Anschlussstelle Halle-Peißen sollte die Strecke nordöstlich an Halle vorbei geführt werden, dabei den Petersberg in Richtung Löbejün südlich passierend. Östlich von Edlau sollte die Strecke 71 gekreuzt werden. Weiter in leicht nordwestliche Richtung verlaufend war vorgesehen, östlich von Bernburg die Autobahn über eine Saalebrücke zu führen. Im Gegensatz zur geplanten Brücke der Strecke 71 bei Rothenburg liegen dazu aufgrund des Entwurfsstadiums leider keinerlei Unterlagen vor. Entgegen der ersten Planungen wurde die Strecke im weiteren Verlauf weiter östlich an Staßfurt verschwenkt, um dort den Zuständigkeitsbereich der OBR Hannover zu erreichen. Auch bezüglich der Gesamtplanung zur Strecke 23 liegen für diesen Abschnitt bislang keine archivarischen Quellen vor. Bei Irxleben sollte schließlich der Anschluss an die heutige BAB 2 erfolgen, welcher baulich bis zu Beginn des Krieges auch in grundbauhaften Zügen umgesetzt wurde.

Teilbereiche

Halle-Peißen bis Löbejün (Anbindung Strecke 72)

Nach dem Bauprogramm für die Reichsautobahnen 1938 sollte die Strecke Magdeburg - Halle einschließlich der Gemeinschaftsstrecke im Bereich der Überlagerung mit der Autobahn Göttingen - Dessau 1939 vollständig in Bau genommen werden. Dabei sollte die Teilstrecke zwischen den Anschlussstellen Halle/Peißen und Könnern unmittelbar östlich der Saaletalbrücke bereits 1940 für den Verkehr freigegeben werden. Anfang 1939 waren bereits die Erdbaulose zwischen Halle und der Saaletalbrücke Rothenburg öffentlich ausgeschrieben und zum Teil an Baufirmen vergeben worden. Baubeginn auf der rund 18 km langen Strecke zwischen Löbejün und Halle/Peißen war im März 1939. Die letzten Bauarbeiten kamen in diesem Abschnitt  im Oktober 1939 kriegsbedingt  zum Erliegen.*

Saalebrücke bei Rothenburg (Kreuzungsbereich Strecke 71)

Ausgehend vom Raum Göttingen sollte die Strecke 71, über Nordhausen und Sangerhausen verlaufend, nördlich von Halle die Strecke Magdeburg - Leipzig kreuzen und dann südlich von Dessau in die Linie Berlin - Leipzig einmünden. Nach verschiedenen Planungsvarianten sollte die Autobahn bei Rothenburg über das tief eingeschnittene Saaletal geführt werden. Der Architekt Paul Bonatz plante hier 1938 eine 670 m lange und 56 m hohe monumentale Bogenbrücke mit sechs Öffnungen von je 75 m lichter Weite. Damit wäre die Saaletalbrücke zur Autobahnbrücke mit dem bis dato reichsweit  höchstem Werksteinbedarf geworden. Kriegsbedingt mussten alle planerischen Vorarbeiten für den Abschnitt Nordhausen - Dessau im November 1939 eingestellt werden.*

Magdeburg-Irxleben    (Anbindung Strecke 3/4)

Am 21. März 1934 der erste Spatenstich für die Reichsautobahn Ruhrgebiet - Berlin gesetzt. Am 10. Januar 1937 war mit der Verkehrsfreigabe des Abschnittes zwischen Helmstedt und Burg/Schermen der Berliner Ring mit  Hannover verbunden. Bei Magdeburg wurde am 7. November 1938 mit dem Rasthof Magdeburger Börde die erste Autobahnraststätte mit Motel im  Reichsautobahnnetz eröffnet.  Im Jahre 1940 wurde im geplanten Kreuzungsbereich mit der heutigen A2, in unmittelbarer Nähe zum Rasthof, mit dem Bau von Brücken begonnen. Diese Arbeiten an der „Trompete“ wurden jedoch nie zu Ende geführt. Nur noch einzelne Fragmente von Brückenwiderlagern und einige überwachsene Dammschüttungen erinnern heute noch an das damalige Vorhaben.***

* zusammengefasst nach: DEGES (2009): Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 13 - Neubau A 38 Göttingen - Halle und A 143 Westumfahrung Halle.

*** siehe: DEGES (2000): Neubau der A14 Magdeburg-Halle Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr.14